Die Organisationsentwicklung ist im Begriff, einen Entwicklungssprung zu machen. Mit evolutionären Ansätzen, agilen Methoden und kooperativer Kultur entstehen «blaue Organisationen» der nächsten Generation.
Das nachfolgende Buch richtet sich an Praktiker der agilen Organisationsentwicklung. Mit seinen rund 260 Seiten ist es umfassend und stellt zahlreiche praktische Methoden und Werkzeuge vor. Im nachfolgenden Beitrag werden wir die wesentlichen Inhalte auf Basis unseres üsh-Transformationsmodells besprechen. Am Ende erwartet dich ein kleiner Fragebogen, um den Grad der Selbstorganisation bei euch im Unternehmen zu reflektieren. Viel Spass dabei!
Bernd Oestereich, Claudia Schröder (2020)
Agile Organisationsentwicklung
Handbuch zum Aufbau anpassungsfähiger Organisationen
Verlag Vahlen
ISBN 978-3-8006-6076-6
Unter https://kollegiale-fuehrung.de/ stehen zahlreiche Modelle zum Download zur Verfügung.
Warum ausgerechnet dieses Buch?
Dieses Buch „Agile Organisationsentwicklung“ von Bernd Oesterreich und Claudia Schröder richtet sich an Menschen, die eine kollegial-selbstorganisierte Führung und eine agile Organisationsentwicklung erproben möchten – entweder in der eigenen Organisation oder als professionelle Begleiterin einer Organisation. Es ist das Nachfolgerbuch von „Das kollegial geführte Unternehmen“ und legt das Schwergewicht auf die Einführung und Umsetzung von agilen OE-Praktiken. Zahlreiche Anregungen und praktische Erfahrung von einigen hundert Workshops sind eingeflossen und machen daraus ein fundiertes Praxishandbuch mit nützlichen Modellen, Methoden und Tools.
Was erfährst du Interessantes?
In Anlehnung an das üsh-Transformationsmodells (siehe Impuls «Herausforderung Kontinuierliche Erneuerung» unter https://www.pfyfferpartner.ch/wp-content/uploads/sites/32/2018/09/Impuls_Kontinuierliche-Erneuerung.pdf) werden wir die wesentlichen Inhalte des Buches in vier Teilen vorstellen.
- Geschäft: Wozu agile Organisationsentwicklung?
- Führung: Wie führen wir uns selbstorganisiert in einer Kreisorganisation?
- Lernen: Wie entwickeln wir die notwendige Haltung und Fähigkeiten für Eigenverantwortung und Vertrauen?
- Transformationsprozess: Wie stellen wir unsere Organisation auf kollegial geführte Organisationsentwicklung um?
1 Geschäft: Wozu agile Organisationsentwicklung?
Die Steigerung von Effizienz und Produktivität ist seit über 100 Jahren das grosse Thema in der Wirtschaft. Seit 2010 heisst das Thema Digitalisierung und Big Data, z.B. Automatisierung, Vernetzung von Geräten, Transaktionsplattformen. Es geht um die bessere Nutzung der „Null-Grenzkostenbereiche“ in den Geschäftsmodellen, die Erfindung neuer Kundenbedürfnisse und Innovation von Produkten und Dienstleistungen.
Die neuen Geschäftsmodelle und Strategien sorgen für grössere Dynamik und Komplexität, sodass sich die betroffenen Unternehmen anpassen und neu erfinden müssen: Neue Kooperationen und Kommunikationen sind notwendig, Verantwortlichkeiten, Entscheidungen und Kooperationsbeziehungen müssen dynamisch verteilt und gestaltet werden.
Der Fokus auf Anpassung und Komplexitätsfähigkeit löst aber das bisherige Effizienz- und Leistungsdenken nicht ab, sondern beschreibt zusätzliche notwendige Fähigkeiten! Es gehört dazu, situativ zu erkennen, in welchen Kontexten welche Führungsprinzipien hilfreich sind. In Organisationen existiert alles nebeneinander. Die Komplexitätsmatrix bietet hierzu Orientierung:
Je weiter der Fokus in der Komplexitätsmatrix unten liegt, desto mehr überwiegend die Vorteile klassischer Organisationen mit festen Führungskräften und festen Prozessen und Strukturen. Je weiter der Fokus rechts oben liegt, desto relevanter wird es, dass die Personen unmittelbar und dynamisch kooperieren, weil indirekte Kommunikation verschwenderisch wäre.2 Führung: Wie führen wir uns selbstorganisiert in einer Kreisorganisation?
Aufgabe
Kollegiale Führung ist die auf viele Kollegen dynamisch-selbstorganisierte verteilte Führungsarbeit. Die Mitglieder organisieren sich der Kreisorganisation in Wertschöpfungsteams und übernehmen Rollen. In der agilen Organisation wird von aussen nach innen geführt, d.h. den Einheiten mit der direkten Wertschöpfung wird die primäre Entscheidungsmacht zugeschrieben. Sie entscheiden über Produkte, Preise, Geschäftsmodelle, Strategien, Personal usw. Zur übergeordneten Koordination, z.B. für eine gemeinsame Strategie, können sie ihre Entscheidungsmacht teilen, abgeben oder delegieren.
Beispiel Kreisorganisation:
Vorgehen
Damit die Führungs- und Organisationsprinzipien wie auch die Prozesse und Strukturen dynamisch angepasst und entwickelt werden können, braucht es bewährte Metaprozesse und -strukturen, damit dieser Prozess systematisch abläuft. Die Führungsarbeit erfolgt dabei nach dem Sogprinzip, d.h. Spannungen und Anliegen werden in die Aufmerksamkeit gebracht und die Mitglieder entscheiden selbst, ob sie sich der Aufgabe annehmen.
Ein wichtiges Werkzeug ist dabei der Führungsmonitor (auch Company Board oder Teamboard genannt) – es ist Dreh- und Angelpunkt der agilen Transformation, bei der Ideen, Spannungen und Angebote zur Veränderung der Organisation und Führung.
Beispiel Führungsmonitor:
Zusammenarbeit
Die Mitglieder lassen sich von einem systemischen Menschenbild, gemeinsamen Werten und Haltungen leiten. „Wir glauben zutiefst, dass jeder nach besten Kräften arbeitet.“ Um in komplexen Themen zu neuen passenden Handlungen zu kommen ist eine Qualität des Denkens und Kommunizierens notwendig wie Hinterfragen, Reflektieren, Neugierde. Mitglieder nutzen den eigenen Einflussbereich, streben nach vielfältigen Perspektiven, lenken ihre Aufmerksamkeit auf Möglichkeiten und Lösungen, probieren aus und ermöglichen neue Verhaltensweisen.
Ein Kreis organisiert und führt sich selbst durch seine Mitglieder, indem er für die Selbstorganisation notwendige Prozesse (wiederkehrende Aktivitäten) verantwortliche Rollen zuschreibt und für diese Rolleninhaber bestimmt. Jeder dieser Rollen ist für eine oder mehrere Aufgaben verantwortlich und führt diesen Verantwortungsbereich. Dort wo Handlungs- und Entscheidungsbedarf ansteht, die Zuständigkeiten unklar oder über rollenspezifische Zuständigkeiten hinausgehen, werden im Plenum des Kreises entschieden. Die Basisprozesse eines Kreises sind:
Reflexion mit Retrospektiven, operative Koordination, Entscheiden mit Führungsmonitor, Informieren und Diskutieren mit dem Diskussionsmarktplatz.
Beispiel Führungskreis:
3 Lernen: Wie entwickeln wir die notwendige Haltung und Fähigkeiten für Eigenverantwortung und Vertrauen?
Damit die Selbstorganisation funktioniert braucht es konkrete Praktiken, z.B. Moderationswerkzeuge, Kommunikationsformate, Entscheidungswerkzeuge, Arbeit in Kreisen, Pools, Praktiker- und Kollegengruppen, die gelernt werden müssen. Das Prinzip ist, möglichst schnell etwas auszuprobieren, erfahrbar und schliesslich bewertbar zu machen und erst dann die Entscheidung über ein Fortbestand zu treffen.
Eine bewährte Lernmethode ist das kollegiale Lernen mit kontinuierlicher Lernbegleitung. Einfach erklärt, besteht das Lernen darin, dass Kollegen in kurzen Workshops oder auch selbständig (z.B. Bücher, Erklärfilme ) Wissen erwerben und dann das Gelernte im Arbeitskontext miteinander erproben, verbessern und integrieren. Hierzu werden Lernpaare oder kleinere Lerngruppen gebildet, die sich regelmässig treffen.
Beispiel Kollegiales Lernen mit Lernbegleitung:
3 Lernen: Wie entwickeln wir die notwendige Haltung und Fähigkeiten für Eigenverantwortung und Vertrauen?
Damit die Selbstorganisation funktioniert braucht es konkrete Praktiken, z.B. Moderationswerkzeuge, Kommunikationsformate, Entscheidungswerkzeuge, Arbeit in Kreisen, Pools, Praktiker- und Kollegengruppen, die gelernt werden müssen. Das Prinzip ist, möglichst schnell etwas auszuprobieren, erfahrbar und schliesslich bewertbar zu machen und erst dann die Entscheidung über ein Fortbestand zu treffen.
Eine bewährte Lernmethode ist das kollegiale Lernen mit kontinuierlicher Lernbegleitung. Einfach erklärt, besteht das Lernen darin, dass Kollegen in kurzen Workshops oder auch selbständig (z.B. Bücher, Erklärfilme ) Wissen erwerben und dann das Gelernte im Arbeitskontext miteinander erproben, verbessern und integrieren. Hierzu werden Lernpaare oder kleinere Lerngruppen gebildet, die sich regelmässig treffen.
Beispiel Kollegiales Lernen mit Lernbegleitung: